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Wie hat man Mitgefühl mit sich selbst?

Self-Compassion lässt sich am ehesten mit “Mitgefühl mit sich selbst” übersetzen. Wie Humor hat auch die Idee hinter Selbst-Mitgefühl eine lange Geschichte. Genauer gesagt entstammt diese Idee dem traditionellen Buddhismus. Obwohl “Mitgefühl mit sich selbst” in dieser Tradition tief verwurzelt ist, fand sie erst in den frühen 2000er Jahren Eingang in die psychologische Forschung. Seitdem wurden jedoch bereits über 1500 Studien zu diesem Thema veröffentlicht—man kann also durchaus von einem “Hot Topic” sprechen. Doch was ist eigentlich Selbst-Mitgefühl?

Was Selbst-Mitgefühl (nicht) ist

Die Idee hinter dem Selbst-Mitgefühl ist möglicherweise besser zu verstehen, wenn man betrachtet, was Selbst-Mitgefühl nicht ist. Zum einen bedeutet “Mitgefühl mit sich selbst” nicht Selbstmitleid. Selbstmitleid bedeutet, dass Personen von ihren eigenen Problemen “absorbiert” werden und sich nur noch mit sich selbst beschäftigen, während andere Personen aus dem Blick geraten. Beim Selbstmitleid steht die eigene Person mit ihrem Leiden im Mittelpunkt—was zu einer Isolation von anderen führen kann. Selbst-Mitgefühl ist auch nicht gleichzusetzen mit “Lässigkeit” (“Heute geht es mir nicht so gut; ich schau’ lieber Netflix; aufräumen kann ich ja morgen immer noch”). Im Gegenteil, Personen mit ausgeprägtem Selbst-Mitgefühl akzeptieren, dass manchmal ein gewisses Maß von Überwindung nötig ist. Schließlich ist Selbst-Mitgefühl auch nicht zu verwechseln mit Selbstwert. Selbstwert bezieht sich in erster Linie auf eine Bewertung der eigenen Person (“Bin ich wertvoll?”) und diese Einschätzung orientiert sich oft an erbrachten (bzw. nicht erbrachten) Leistungen. Selbst-Mitgefühl beschreibt eine bedingungslose Wertschätzung der eigenen Person.

Was ist also Selbst-Mitgefühl?

Selbst-Mitgefühl beschreibt eine prinzipiell wohlwollende und freundliche Haltung sich selbst gegenüber, auch—oder gerade—wenn man eigenen Ansprüchen nicht genügt oder Misserfolge erlebt. Personen, die Mitgefühl mit sich selbst haben, akzeptieren, dass Dinge nicht immer perfekt laufen und Enttäuschungen zum Leben dazugehören. Personen mit hohem Selbst-Mitgefühl verurteilen sich dabei jedoch nicht selbst, sondern versuchen, sich selbst gegenüber verständnisvoll zu bleiben und die Schwierigkeit der Situation anzuerkennen, ohne sie jedoch durch eine “Augen-zu-und-durch”-Mentalität zu ignorieren oder kleinzureden.

Aspekte von Selbst-Mitgefühl

Gemäß der buddhistischen Ursprünge hat Selbst-Mitgefühl drei wesentliche Elemente: Wohlwollen sich selbst gegenüber, das Gefühl von Zugehörigkeit zu anderen und Achtsamkeit. Wohlwollen gegenüber sich selbst bedeutet, sich selbst weder zu be- noch zu verurteilen. Akzeptanz der eigenen Schwächen und Freundlichkeit gegenüber sich selbst sind dabei die wesentlichen “Zutaten”. Personen mit hohem Selbst-Mitgefühl fühlen sich auch mit anderen Menschen verbunden, gerade durch die Fehlbarkeit, die uns Menschen nun einmal auszeichnet. Dieses Gefühl der Zugehörigkeit hilft dabei, nicht in Selbstmitleid zu versinken, sondern sich in der eigenen “Unperfektheit” mit anderen verbunden zu fühlen und eigene Unzulänglichkeiten als normale menschliche Eigenschaft besser zu akzeptieren. Der Zusammenhang mit Achtsamkeit ergibt sich ebenfalls aus der Verwurzelung von Selbst-Mitgefühl im Buddhismus. Dabei geht es darum, negative Gefühle weder zu ignorieren noch zu übertreiben (Selbstmitleid). Negative Gedanken, Gefühle und Erfahrungen werden beobachtet und wahrgenommen, jedoch nicht bewertet.

-Verfasst von M.Sc. Pia Drewke, adaptiert von M.Sc. Amina Aissaoui

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